1. Welche möglichen Ansprüche folgen aus der behaupteten Urheberrechtsverletzung?
Unterlassungsanspruch
Im Urheberrecht gibt es die tatsächliche Vermutung dafür, dass es in Zukunft zu weiteren Urheberrechtsverletzungen kommen wird, wenn einmalig eine Urheberrechtsverletzung stattgefunden hat. Aus dieser sog. „Wiederholungsgefahr“ folgt ein Anspruch der Rechteinhaber darauf, dass der Abgemahnte es zukünftig unterlässt, weiterhin das fragliche Werk in Filesharing-Netzwerken zum Abruf bereit zu halten. Die gerichtliche Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs birgt für den Abgemahnten ein nicht unerhebliches Kostenrisiko. Teilweise wird von Gerichten ein Streitwert von EUR 10.000,00 pro Musiktitel angenommen. Für einen Film – oder ein Computerspiel sind je nach Bekanntheit und Aktualität ohne weiteres Streitwerte von EUR 30.000,00 bis EUR 50.000,00 möglich. Die den Abmahnschreiben zur Verhinderung derartig kostenintensiver Gerichtsverfahren beigefügten vorformulierten Unterlassungserklärungen sind jedoch meistens deutlich zu weitgehend und sollten keinesfalls ungeprüft abgegeben werden. Oft enthalten sie starre Vertragsstrafen und ein Anerkenntnis hinsichtlich der geltend gemachten Abmahnkosten bzw. Schadensersatzforderungen. Hier gibt es Formulierungen, welche für den Abgemahnten weit weniger belastend sind. Ob und mit welchem Inhalt der bloße Anschlussinhaber, der selbst keine Filesharing-Programme genutzt hat, eine Unterlassungserklärung abgeben sollte, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. In jedem Fall ist von der Abgabe der Unterlassungserklärung dann abzuraten, wenn der Anschlussinhaber nicht weiß, wie es zu der behaupteten Nutzung seines Anschlusses kommen konnte, da zukünftige identische Urheberrechtsverletzungen und damit verbundene Vertragsstrafen nicht ausgeschlossen werden können. Nach Abgabe einer Erklärung, muss aufgrund der versprochenen Vertragsstrafe jedoch sichergestellt sein, dass es nicht zu erneuten Zuwiderhandlungen kommt. Die eingegangene Verpflichtung besteht über einen Zeitraum von 30 Jahren.
Schadensersatzanspruch
Bei Urheberrechtsverletzungen wird der dem Verletzten weitergehend zustehende Schadensersatz meist im Wege der sog. „Lizenzanalogie“ bemessen. Dabei ist zu fragen, was für die Nutzung des Werkes hätte gezahlt werden müssen, wenn die Parteien unter vernünftigen Umständen eine Nutzung von Beginn an ordnungsgemäß vereinbart hätten. Die genaue Höhe des Schadensersatzes obliegt der Schätzung der mit der Sache befassten Gerichte. Teilweise haben diese den Schadensersatz mit EUR 150,00 bis EUR 300,00 pro Musiktitel, bei Filmen oder Computersoftware aber auch deutlich höher bemessen. Ein solcher Schadensersatzanspruch besteht nur gegenüber dem „Täter“ oder „Teilnehmer“ einer Urheberrechtsverletzung, das heißt gegenüber demjenigen, der auch tatsächlich Filesharing-Programme genutzt bzw. vorsätzlich an der Rechtsverletzung mitgewirkt hat. Dies gilt jedoch nicht für den Anschlussinhaber. Einschränkend ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung vereinzelt versucht, die Schadensersatzpflicht systemwidrig auf den bloßen Anschlussinhaber auszudehnen.
Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten
Ist die Abmahnung berechtigt, ist der Abgemahnte – der Filesharingprogramme selbst genutzt hat – , u.U. aber auch der Anschlussinhaber als sog. „Störer“ zur Erstattung der Abmahnkosten (RA-Gebühren, Kosten für das gerichtliche Auskunftsverfahren) verpflichtet. Die Höhe der Anwaltsgebühren richtet sich nach dem Streit- bzw. Gegenstandswert der Abmahnung. Hierdurch sind Anwaltsgebühren in Höhe von EUR 600,00 bis zu EUR 2.000,00 nach der derzeitigen Rechtsprechung nicht unrealistisch. Offen ist auch, inwiefern die Vorschrift des § 97a UrhG auf Filesharing-Abmahnungen Anwendung finden soll. Hiernach sind die Abmahnkosten in „einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs“ insgesamt auf EUR 100,00 gedeckelt. Jedenfalls in den Fällen, in denen es nur um den Upload einer einzelnen Musikdatei geht, spricht vieles für die Anwendbarkeit des § 97a UrhG. Das Amtsgericht Frankfurt a.M. hat die EUR-100-Regelung bereits auf den Upload eines Titels angewandt.
2. Was hat es mit der sog. „Störerhaftung“ auf sich?
Der bloße Anschlussinhaber kann als sog. „Störer“ für eine über seinen Anschluss begangene Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung und auf Übernahme der Abmahnkosten in Anspruch genommen werden, wenn er bestehenden Prüf- und Überwachungsverpflichtungen nicht nachkommt und somit die Urheberrechtsverletzung erst ermöglicht bzw. trotz Kenntnis von der Rechtsverletzung nichts unternimmt, um diese zu unterbinden. Für Schadensersatz haftet er jedoch mangels „Tätereigenschaft“ nicht. Wer z.B. beim Kauf seines Routers die Standardeinstellung bzw. -verschlüsselung nicht ändert und sonstige übliche Sicherungsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Ersteinrichtung unterlässt, haftet nach höchstrichterlicher Rechtsprechung für von unberechtigten Dritten über seinen Anschluss begangene Urheberrechtsverletzungen (BGH, Urteil v. 12.05.2010, Az.: I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens) auf Unterlassung und Übernahme der Abmahnkosten. Im Umkehrschluss haftet derjenige nicht, der nachweisen kann, dass er die erforderlichen Maßnahmen zur Absicherung seines WLANs ergriffen hat. Klarzustellen ist jedoch, dass sich in einem Fall der Störerhaftung, der Unterlassungsanspruch dann nur auf eine unzureichende Sicherung des Internetanschlusses beziehen kann.
Wer eine Filesharing-Abmahnung erhalten hat, sollte auf die in der Abmahnung gesetzten Fristen achten und sich frühzeitig mit einer spezialisierten Anwaltskanzlei in Verbindung setzen. Auf diese Weise lassen sich erhebliche Kostenrisiken, insbesondere das Risiko, ungewollt in ein gerichtliches Verfahren verwickelt zu werden, weitestgehend minimieren.